Stadtverordnete in Frankfurt bewilligen 150 000 Euro für künstliche Bäume, die Feinstaub und Kohlendioxid aus der Luft filtern sollen.
Frankfurt - Im Kampf um saubere Luft setzt Frankfurt auf neue Technologie. 150 000 Euro hat die Stadtverordnetenversammlung für sogenannte City-Trees, zu Deutsch: Stadtbäume, zur Verfügung gestellt. Die Holz-Anlagen sollen auf Plätzen aufgestellt werden und dort Feinstaub und Kohlendioxid aus der Luft filtern - anstelle richtiger Pflanzen. Dabei sind sie sehr viel teurer.
Doch die Sache ergibt laut Simon Dierks, Sprecher des Herstellers "Green City Solutions" in Brandenburg, Sinn. Er sagt: "Wir wollen die richtigen Bäume nicht ersetzen. Aber ein Baum benötigt für seine Wurzeln den selben Raum wie für die Krone. Deswegen gibt es in den Städten wegen der Rohre und Kabel im Untergrund nur wenige gesunde Bäume: sie können ihre Wurzeln nicht entwickeln." Erst recht nicht, wenn, wie in Frankfurt, Tiefgaragen unter den Plätzen liegen. Denn dann passt kein Baum mehr oben drauf.
Das war für die SPD auch ein Grund, sich des Themas anzunehmen. "Um die globale Klimakrise möglichst stark einzudämmen, brauchen wir ein großes Gesamtkonzept und viele kleine Maßnahmen. Zu diesen Maßnahmen für Frankfurt gehören City Trees", schreibt die SPD-Fraktion auf ihrer Facebook-Seite.
Roger Podstatny, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, findet, die Kunst-Bäume seien trotz ihrer Kosten eine gute Idee. "Vor ein paar Jahren hatten wir eine Diskussion über das Dieselfahrverbot." City-Trees könnten gezielt dort aufgestellt werden, wo viele Autos fahren. Zudem kühlten sie ein wenig, verbesserten also auf Plätzen die Lebensqualität für die Frankfurter.
Für die grüne Umweltdezernentin Rosemarie Heilig erklärt deren Sprecherin Susanne Schierwater: "Derzeit wird geklärt, wie hoch Kosten für Pflege, Bewässerung und Reinigung sind. In die Prüfung fließen auch Faktoren zur Luftfilterqualität mit ein. Nach Abschluss dieser Prüfung wird der Stadtverordnetenversammlung ein Umsetzungsvorschlag zur Zustimmung vorgelegt."
Was die Luftfilterqualität angeht, verspricht "Green City Solutions" die Luftreinigung für bis zu 10 000 Menschen. Ein Ventilator saugt die Umgebungsluft ein und leitet sie im Inneren der an Dixi-Klos erinnernden Behälter über Matten aus Moos. Dieses Moos nimmt Kohlendioxid auf, setzt Sauerstoff frei, bindet Feinstaub und kühlt die Luft. Das Ganze kostet jedoch.
Doch die 150 000 Euro werden für die fünf von der Stadt vorgesehenen Anlagen kaum reichen. Alleine die Grundausstattung - ohne die Sitzbänke aus Holz, ohne Bildschirm, der den Passanten anzeigt, wie viel gerade gefiltert wird - beläuft sich laut "Green City Solutions" auf 36 000 Euro pro Anlage. Macht bei fünf Anlagen bereits 180 000 Euro, schon 30 000 mehr als veranschlagt. Bislang habe die Stadt noch nicht das Gespräch gesucht, sagt Unternehmenssprecher Dierks. Dabei gibt es viel zu klären. "Auch, weil wir wissen müssen, welche Standorte in Betracht kommen und wie die Wasserversorgung aussieht." Auch das spielt bei den Kosten eine Rolle. Denkbar wären jeweils ein Tank, die Regenwassernutzung oder ein Anschluss ans Versorgungsnetz.
Auch die Stromversorgung spielt eine Rolle. Schließlich müssen pro Stunde 5000 Kubikmeter Luft den Ventilator passieren, das Atemvolumen von 10 000 Menschen. Die gereinigte und gekühlte Luft vermischt sich nach Austritt mit der Umgebungsluft, so dass man unmittelbar an der Anlage noch 53 Prozent weniger Feinstaub habe, heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Die Temperatur am City-Tree sei 2,5 Grad kühler. Im Abstand von fünf Metern betrage die Filterwirkung nur noch 33 Prozent, die Lufttemperatur sei nur noch ein Grad kühler als die Umgebung, so das Unternehmen. Der Effekt ist also extrem lokal.
Firmensprecher Dierks verspricht: "Unsere Produkte bestehen aus Qualitätsmaterial. Deutsche Elektronik, Holz aus Thüringen." Sie seien auf Langlebigkeit ausgelegt. Der Außendienst des Unternehmens wartet die Anlagen zweimal im Jahr. Dabei wird die Elektronik - wichtig für die automatische Versorgung des Mooses - ebenso überprüft wie neue Pflanzen eingesetzt: "Wir haben eine eigene Moos-Farm, wo wir jeweils die Pflanzen sich erholen lassen und wieder einsetzen." Ein City-Tree braucht an gewöhnlichen Tagen zwischen 1,4 und 4,9 Kilowattstunden Strom. Bei 20 Grad werden 1,6 Liter, bei 30 Grad vier Liter Wasser pro Stunde benötigt. Die Kühlleistung betrage rund 6500 Watt, vergleichbar der Leistung von drei ausgewachsenen Winterlinden. (Thomas J. Schmidt)