Von Frittenfett bis Wasserstoff: Sind die Flugzeugantriebe echt nachhaltig?

2022-03-19 07:43:13 By : Ms. Penny Yang

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Es gibt bereits zahlreiche Kraftstoffe, die Flugreisen klimafreundlicher machen sollen.

Immer mehr Menschen wollen nachhaltig reisen, um das Klima zu schonen. Dafür gibt es in der Luftfahrt bereits zahlreiche klimafreundliche Kraftstoffe, mit denen Flugzeuge betankt werden. Wir stellen fünf genauer vor.

Durch die Verbrennung von Kerosin ist das Flugzeug mit Abstand das klimaschädlichste Verkehrsmittel: Jeder Passagier verursacht pro geflogenem Kilometer 230 Gramm CO2. Um die CO2-Emissionen zu verringern, wird an nachhaltigen Treibstoffen geforscht.

Bereits jetzt gibt es zahlreiche Varianten, die im Einsatz sind oder an denen geforscht wird. Darunter: Frittenfett, Biomüll und klimaneutrales Kerosin. Aber: Wie nachhaltig sind die Antriebe wirklich?

Biodiesel tanken bereits viele Autos, bald soll der Treibstoff aus teils pflanzlichen Rohstoffen auch im Flugverkehr stärker Verwendung finden. Der britische Mineralöl- und Energiekonzern BP stellt im Emsland jetzt Flugzeugsprit mit geringen Anteilen aus Speisefett-Resten her – die aus Fritteusen, Kochrückständen und Biomasse-Abfällen aus Kantinen und Gastronomiebetrieben stammen. Es soll in Deutschland die erste Anlage sein, mit der sich industriell verwertbare Mengen dieses Biosprits erzeugen lassen.

Die Fette und Öle – meist pflanzlichen, aber auch tierischen Ursprungs – werden in einem speziellen Verfahren mit einem zulässigen Anteil von 5 Prozent mit Rohöl-Kohlenwasserstoffen für das normale Kerosin kombiniert.

Bei der Verbrennung wird zwar genauso viel CO2 ausgestoßen wie mit rein fossilem Flugbenzin. Da die Fett-Reste aber bereits benutzt wurden, soll insgesamt die Klimabilanz aber besser sein.

Das Frittenfett wird mit normalem Kerosin gemischt. Daher ist eine Reise damit nicht CO₂-neutral. (Symbolbild)

Anders als beim Anbau von Pflanzen wie Raps oder Soja für die Erzeugung von Biosprit für Autos gebe es zudem keine Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln – immerhin seien die gebrauchten Kochfette und -öle bereits im Umlauf, so BP. Ein weiterer Vorteil sei, dass Airlines den Kraftstoff mit Fettanteilen sofort einsetzen können. Ein Umbau der Maschinen sei nicht nötig.

Nicht nur Speiseöl, sondern auch Hausmüll und Bio-Abfall aus der Forstwirtschaft finden ihren Weg in „Sustainable Aviation Fuel“ (SAF). Dieser Biosprit wird bereits seit geraumer Zeit in geringen Mengen für den Luftverkehr hergestellt. Für die Produktion werden also auch hier wiederverwertbare Rohstoffe sowie Biomassen aus nachhaltigem Anbau verwendet. Das SAF wird dem regulären Kerosin beigemischt, und es sind keine baulichen Anpassungen an Flugzeugen erforderlich.

Allerdings gibt es zwei Nachteile: SAF steht es bisher nicht in industriellem Maßstab zur Verfügung. Außerdem wird es mit fossilem Treibstoff gemischt, daher entsteht immer noch CO2.

Die Lufthansa bietet Dienstreisenden Flüge mit nachhaltigem „Sustainable Aviation Fuel“ an, der mit regulärem Kerosin gemischt wird.

Die Lufthansa beispielsweise bietet daher das SAF nur in Kombination mit Nachhaltigkeitsprojekten für Dienstreisende an. Unternehmen können zum einen den Flieger mit dem nachhaltigeren Kraftstoff betanken lassen, um die durch die Flüge entstehenden CO2-Emissionen auszugleichen. 

Zum anderen können sie ein ausgewähltes Klimaschutzprojekt fördern, damit eine „vollständige CO2-Neutralität der Flüge realisiert“ wird, heißt es von der Lufthansa.

Zu zertifizierten Klimaschutzprojekten gehören zum Beispiel die Förderung von Photovoltaik-Anlagen, die Nutzung von effizienten Öfen, die weniger Brennholz benötigen und daher weniger CO2 in die Atmosphäre ausstoßen, oder der Austausch von Dieselgeneratoren durch Anlagen, die Strom aus Biomasse erzeugen.

Für einen großen Schritt in Richtung klimaneutrales Fliegen will das Unternehmen Atmosfair seit Oktober 2021 im emsländischen Werlte sorgen. Dessen Anlage stellt als erste weltweit künstliches Kerosin im industriellen Maßstab her, indem sie den Kraftstoff synthetisch aus Wasser, erneuerbarem Strom von Windrädern aus dem Umland, Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage sowie CO2 aus der Umgebungsluft produziert. 

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Der Fachbegriff für diese Technik ist „Power to Liquid“ (PtL). Da erneuerbare Energien und CO2 genutzt werden, das ohnehin in der Atmosphäre gelandet wäre, ist der produzierte Kraftstoff klimaneutral. Erster Abnehmer des synthetischen Kerosins ist die Airline Lufthansa.

Erneuerbarer Strom, beispielsweise von Windrädern aus dem Umland, wird mit Wasser und CO₂ aus der Umgebungsluft synthetisiert. Dabei entsteht der flüssige und CO₂-neutrale Kraftstoff, mit dem dann Flugzeuge betankt werden können.

Noch aber ist die Nachfrage branchenweit nicht hoch genug und es stehen nicht genügend erneuerbare Energien in Deutschland zur Verfügung. Daher ist der klimaneutrale Kraftstoff mindestens fünfmal so teuer wie konventioneller Sprit.

Die Anlage soll nach dem Erreichen des Regelbetriebs im Laufe des Jahres 2022 bis zu einer Tonne (1000 Liter) des CO2-neutralen Kerosins pro Tag produzieren können. Zum Vergleich: Ein Airbus A380 verbraucht auf einem einzigen Transatlantik-Flug von Frankfurt nach New York etwa 115 Tonnen (115.000 Liter) Kerosin, schreibt das Portal „Airliners“.

Solange nicht genügend PtL-Kraftstoff vorhanden, dieser recht teuer und nicht als Hauptkraftstoff zugelassen ist, wird weiterhin herkömmlicher Flugzeugsprit beigemischt. Bisher ist ein Mischverhältnis von 50 Prozent zulässig. Dementsprechend sind Flüge mit PtL bisher auch nicht klimaneutral. 

Zudem werden weiterhin Feinstaubpartikel erzeugt, die zu Kondensstreifen und Eiskristallwolken führen können, die wiederum zum Klimawandel beitragen. Bei einem Flug mit reinem synthetischen Kerosin würden solche Schadstoffe aber stark reduziert, so Manfred Aigner, Direktor im Institut für Verbrennungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), gegenüber dem reisereporter.

Ein günstiger Energieträger ist Wasserstoff. Mittelgroße Flugzeuge könnten klimaneutral mit einer Brennstoffzelle fliegen, die mit Wasserstoff betrieben wird. Bei der Verbrennung würde statt des klimaschädlichen CO2 lediglich Wasser als Nebenprodukt entstehen.

Problem: Herkömmliche Flugzeuge können nicht damit angetrieben werden. „Wasserstoff braucht bei selber Energie viermal so viel Volumen wie hochenergetisches Kerosin. Dieses Volumen muss das Flugzeug irgendwie bereitstellen. Dafür braucht man ein größeres Rumpfvolumen“, sagt Jens Friedrichs, Professor an der TU Braunschweig im Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen.

Dementsprechend könnten die Flugzeuge der Zukunft laut dem TU-Professor die Form einer Flunder haben. „Sie wären also etwas flacher und der Rumpf würde fließend in die Flügel übergehen. Dadurch hätten sie deutlich mehr Volumen und gleichzeitig eine sehr gute Aerodynamik.“ Auch die Flughäfen müssten um- und ausgebaut werden, damit solch breite Flugzeuge genügend Platz zum Landen hätten. 

Diese möglichen Flugzeugtypen für die Zukunft hat Airbus entworfen. Darunter: ein Flugzeug in Form einer Flunder.

Airbus hat bereits einige Entwürfe für wasserstoffbetriebene Flugzeuge vorgestellt. Doch statt ein Flugzeug in Form einer Flunder, will der Konzern nun im Heck des überdimensionierten Super-Jumbos A 380 vier Tanks für tiefgekühlten Flüssigwasserstoff montieren. Außerdem ist ein Zusatztriebwerk angedacht. Ein erstes solches Wasserstoffflugzeug will Airbus im Jahr 2035 auf den Markt bringen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat bereits ein kleines Passagierflugzeug vorgestellt, das in Zukunft CO2-freie Regionalflüge mit vier Passagieren durchführen könnte.

Der Flieger Hy4 wird elektrisch über eine Brennstoffzelle betrieben, in der Wasserstoff und Sauerstoff in elektrische Energie für den Propellerantrieb umgewandelt werden. Falls zusätzlich Strom beim Start benötigt wird, liefern Lithium-Ionen-Akkus zusätzlichen Strom.

Das mit Wasserstoff betriebene Passagierflugzeug Hy4 wurde im Jahr 2016 entworfen – und der Antrieb seither immer wieder erweitert.

Auch Batterien können eine emissionsfreie Lösung sein – aber nicht für Langstreckenflüge mit einem Jumbojet, sondern eher auf Kurzstrecken. „Die Leistungsanforderungen sind sehr groß und die Speicherkapazität einer Batterie vergleichsweise gering – das wissen wir schon aus dem Automobilbereich“, erklärt Friedrichs. Da sie bisher viel Volumen benötigten, sehr schwer und teuer seien, wären sie eher für extrem kurze Strecken beziehungsweise Flugtaxis geeignet.

Um die Batterien für den kommerziellen Flugbetrieb alltagstauglicher zu machen, bedürfe es noch einiger Forschung, so Aigner. Denn sowohl für Lang- und Mittelstrecken als auch für Kurzstrecken müsse es klimaneutrale Lösungsansätze geben, um auch in dieser Sparte die CO2-Emissionen zu reduzieren.

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